Ausstellung:
„LOOKING for PARADISE“
Poetische Bilder (Stencil-Technik)
Ausstellungsdauer: 26. April bis 25. Mai 2011
Ausstellungsort: Galerie Berufsvereinigung Bildender KünstlerInnen, Landeskulturzentrum Ursulinenhof, Landstraße 31, 4020 Linz.
www.bvoö.at
Ausstellungseröffnung: REDE von
Maga. Elisabeth Vera Rathenböck / Schriftstellerin & Journalistin
Das heißt: Sie ist überzeugt, dass Kunst eine wesentliche Rolle im Verstehen der Welt spielt. Sie ist überzeugt, dass Kunst eine Triebkraft für gesellschaftliche Veränderungen sein kann. Und sie ist voller Überzeugung, dass Kunst eine Notwendigkeit besitzt, die über das bloße Dabeisein, über das bloße Spiegeln einer Event- oder Geschäftskultur und auch über das bloße Machen weit hinausreicht. Sie ist überzeugt davon, dass Kunst intelligent sein soll.
Für mich ist Helga Schager eine Künstlerin, die es ernst meint mit der Kunst. Und darum hat sie auch den Mut besessen, im Laufe ihrer Karriere, die Stile, oder mehr die Erscheinungsformen ihrer Kunst zu verändern.
Begonnen hat sie mit gewebten Teppichen, dazu kommen Computergrafik, Fotografie, Collagen in vielfältigen Varianten, Audio- und Objektinstallationen, Kunst-, Internet- und Radioprojekte.
In den letzten Jahren entwickelte sie eine eigene Ikonographie, eine symbolische Bildsprache, die sie in Tafelbildern oder eben – wie heute – in gesprayten Bildserien erscheinen lässt. Ich werde auf die Technik noch darauf zurückkommen.
„Ich möchte irgendwann in meinem Leben in eine Villa!“ Dieser Wunsch stand ganz zu Beginn, als Helga Schager vor rund 30 Jahren in die Welt der Kunst aufbrach. Als Kind einer Familie mit bäuerlichem Hintergrund war es nicht selbstverständlich, einen unkonventionellen Lebensweg einzuschlagen. Er wurde ihr aber ermöglicht und schließlich betrat sie als Studentin der Textilen Gestaltung die Bildungsvilla, nämlich die Linzer Kunstuniversität. Es war für sie ein Aufbruch und zugleich ein Ausbruch aus tradierten Lebenslinien ihrer Familie. Und es war ein Ausbruch aus der Gesellschaft, die sich in den achtziger Jahren an den Früchten der Wirtschaftswunderzeit satt fraß und gerade auf die Globalisierung vorbereitete. Sie wählte das Künstlerdasein, das im Gegenzug noch genauso ablief wie vor 100 Jahren: nämlich in gewisser Bescheidenheit, nur mit dem Mantra im Herzen, einmal die Welt zumindest im Kleinen verändern zu können.
Das zu nennen ist für mich von Bedeutung, denn ich bewundere, dass Helga Schager bis heute von diesem Weg nicht abgewichen ist. Sie und ihr Mann leben als freischaffende Künstler ohne Kompromisse – sie haben zwei Kinder großgezogen, so manche Reise quer über den Globus gemacht und sie sind zufrieden.
Höhepunkte waren und sind für Helga Schager Ausstellungen im Inland und Ausland, u.a. in Berlin und New York.
Vielleicht ist es genau diese bescheidene Zufriedenheit, die nun völlig neue Energien entflammt. Noch nie ist mir ihr Werk so geschlossen und dicht, so selbstbewusst vorgekommen wie heute.
„Meine Arbeit ist mein individuelles Zimmer, das auf all meinen Erfahrungen beruht“, sagt Helga Schager. Das möchte ich als Klammer über die Ausstellung heute setzen, die sie „Looking for Paradise“ nennt.
Die Suche nach dem Paradies ist mit Vorstellungen verbunden, den staubtrockenen, dunklen Alltag mit all seinem Lachen und seinen Fratzen – je nach dem – zu überwinden.
In rund 80 Einzelarbeiten präsentiert uns Schager Motive, die uns in diese Richtung führen.
Nun könnte man sagen: jeder hat eigene Vorstellungen vom Paradies. Dem möchte ich nicht widersprechen. Allerdings tragen wir in uns kulturell und zeitlich bedingt ein Repertoire an Motiven, das wir eindeutig mit einer anderen, in gewisser Weise magischen Welt in Verbindung bringen.
Einige Beispiele hat Schager für uns hervorgezogen. Ich entdecke den Zylinder, einen Zauberhut, das Einrad, eine Schachtel, den Papierflieger, eine Schaukel, eine Leiter und vieles mehr. Einige Motive entspringen z.B. der Welt des Zirkus, einer magischen Kleinwelt voll Clownerie, voll Zauberei und Artisten, Tänzerinnen, die die Schwerkraft überlisten. Sie schwingen sich empor zu Freiheitsgefühlen, die wir als Kinder zu Hause auf der Schaukel nacherlebten oder beim Klettern über die Leiter in den Obstbaum, weit und weiter hinauf, um die Welt einmal von oben zu sehen.
Bei allen Motiven geht es dabei vor allem um die Idee einer anderen Welt, in der die irdischen Gesetzmäßigkeiten – seien sie physikalischer, sozialer oder psychischer Natur – in gewisser Weise überwunden werden können. Viele der Motive sind eng mit Erinnerungen an unsere Kindheit verknüpft.
Formal setzt Schager auf Reduktion in der Komposition. Die Elemente sind klar, ihre Funktionen aber vielfältig. So kann der Hintergrund reines Dekor bleiben, oder aber als illusionistischer Raum bzw. Schauplatz fungieren.
Rein technisch betrachtet setzt Schager Schablonen ein, in mehreren Schichten entstehen dann gesprayte Bilder. Das nennt man auch Stenciling. Diese Technik öffnet das Werk in Richtung einer „erweiterten Kunst“, u.a. weil hier ein subkulturelles Mittel für ein hochkulturelles Produkt eingesetzt wird.
Die Grundlage, die Leinwand sozusagen, sind Röntgenbilder, die nicht nur gut zum Arbeiten in dieser Technik sind, sondern es handelt sich auch um ein filmisches Material, das auf die innere Architektur des Menschen verweist.
Die stilisierte Wiedergabe der Motive lässt eine distanzierte Ausführung vorherrschen, dennoch entstehen beziehungsvolle, sinnstiftende und schließlich berührende Bilderzählungen.
Schager gelingt eine magisch poetische Verwandlung sorgfältig ausgewählter Gegenstände und Figuren, die mit dem Alltäglichen kokettieren – tatsächlich aber nicht alltäglich sind.
Oder doch? Es sind Motive, die wir gut kennen, weil wir sie tief in unserem Inneren behüten, ganz so als könnten sie uns einmal abhanden kommen. Das dürfen sie nicht, denn sie sind mit einer Wunsch- und Traumwelt verbunden, die als starke Ressource in uns Bestand hat und aus der wir schöpfen. „Wenn ich traurig bin, zaubere ich etwas aus meinem Hut!“, sagt Schager dazu. Was meint: Jeder hat so viele Potentiale im Leben, es braucht nur ein wenig Mut und auch Gelegenheiten, diese zu nützen.
Ihr persönlich stärkstes Motiv ist übrigens ein Koffer mit Schal. Der Koffer bedeutet für sie Mobilität und Aufbruch. Obwohl sich Schager als sehr sesshaft bezeichnet, erfüllt sie sich mit Reisen immer wieder einen Herzenswunsch und kann neue Impulse mit nach Hause bringen. Der Schal steht für eine selbstbestimmte Weiblichkeit, es könnte ja einmal eine frische Brise wehen, darum bleibt er ein wichtiges Utensil für die Frau auf Reisen.
Meret Oppenheim, die für Helga Schager ein künstlerisches Vorbild ist, dürfte ähnlich gedacht haben, als sie dichtete:
Zitat:
Sie hält mir ihren Schal hin,
schimmernd wie eine Heuschrecke
über die Meere, fern ihrer Insel
In diesem Sinne: Brechen Sie auf und reisen Sie mit in die magische Welt von Helga Schagers Kunst! (Rede von Elisabeth Vera Rathenböck, 26. April 2011).