13 – eine weibliche Zahl

Galerie beim Büdlhauer, Aigen/OÖ.

 


Experimentelle grafische Reliefbilder

Hauptdarsteller dieser Bilder sind ein ausdrucksstarkes Wort, ein Zeichen/ ein Symbol oder ein Gegenstand aus dem Alltagsleben. – Minimalistisch – Stumme Zeichen in formale, reliefartige Umfelder eingebettet. Eine Modelliermasse (oft eingefärbt) wird in verschieden Stärkeebenen (Erhabenheit und/oder Vertiefungen) aufgetragen und im nassen Zustand bearbeitet. Während der Trockenphase entstehen Risse, Sprünge. Die sich daraus ergebenden Strukturen sind großteils vom Zufall abhängig, andere wiederum werden bewusst hinzugefügt. Durch die Reliefform werden die Schlagwörter/die Gegenstände formal aus der plakativen, herkömmlichen Abbildungsform gerissen. Die entstandenen Sprünge, Risse, Strukturen suggerieren Vergänglichkeit, auch Morbidität. Im Nass-Stadium sind die Hauptdarsteller neuwertig, tadellos, unschuldig und verwandeln sich während der Trockenphase von einem Baby-Face zu einem belebten von Falten gezeichnetem Gesicht. Der Einsatz von Spray, Lack, Acrylfarbe, geben diesen grafischen Arbeiten einen aktuellen Anstrich. Durch die Modellierebenen und die Verwendung von verschiedenen Materialien haben die Bilder eine haptische Anziehungskraft. Die ideale Ausdrucksstärke erreichen sie durch ein großformatiges Dasein. Oft scheinen meine Reliefbilder wie Bühnenkulissen, manchmal erinnern sie an Leitsysteme/Piktogramme. Ein immer wiederkehrendes Hintergrundmotiv sind „Ziegelwände“. Ein „Stück Außenfassade“ wird ins Zimmer transportiert. Mauern suggerieren Schutz……..Schutz vor Witterung …… Sicherheit und Rückzug aus der Öffentlichkeit ……… hinter den Mauern wird Intimität gelebt. Hinter den Mauern verbirgt sich Schönes, Wärme, Kräftigung, Reinigung, Sexualität, aber auch Einsamkeit, Depression und noch schlimmeres: brutales, missbräuchliches, mörderisches …….. Hinter den Mauern sind die ungeschriebenen und geschriebenen Schicksale verborgen. Wogegen Leitsysteme/Piktogramme – in simpler Form gehaltene – Orientierungshilfen im öffentlichen Raum sind. Diese Orientierungshilfen äußern sich in Form von Zeichen/Symbole/Farben. Sie sollen uns einen Weg durch das Chaos, durch das Unübersichtliche, durch das schwer Überschaubare finden lassen. (Pfeile als Richtungsweiser, als Richtungsirrläufer, als Richtungsverwirrer …….)
Linz, 2002 / Helga Schager

Kultur – OOEN-Nachrichten

Zeitzeichen an der 3-D-Wand
Nach textilen Arbeiten und Computergrafik hat sich die Linzer Künstlerin Helga Schager in eine weitere Dimension ihres bildnerischen Schaffens vorgearbeitet: grafischen Reliefbildern. Beim Büdlhauer im Mühlviertler Aigen sind 13 derartige neue Werke mit Signalwirkung zu besichtigen. Technisch gesehen sind die plastischen Grafiken aus Spanplatte, Modelliermasse, Farbe und diversen Materialien gefertigt. Inhaltlich stellen sie Zeichen an der Wand dar, die in ihrer spartanischen Einfachheit die Gedanken auf die Aussagekraft lenken. Zeichen, Worte, singuläre Gegenstände finden sich etwa an einer Ziegelmauer platziert. Ein Pfeil gibt eine Richtung vor, Buchstaben wie YES mutieren zum beherrschenden Mammon, Fragen werden aufgeworfen und Zeit-Wörter (wie Exil) werden in einen Konnex mit verschwommenem Hintergrund gesetzt. Schager hat sich mit der Öffnung zu einem neuen Arbeitsstil und haptischen Materialien einen neuen Freiraum für den Transport ihrer Botschaften geschaffen. Neben ansprechend Formalem ist dabei auch zutiefst Menschliches zu lesen.

(thek)
Büdlhauer, Aigen/M., bis 27. 10.

OÖNachrichten vom 15.10.2002