GEWEBTE COMICS (Auswahl) – 44-teilige Serie
“Beziehungsgeflechte” – zu den neuen Arbeiten von Helga Schager von Herrn Dr. Peter Assmann:
Das mit textilen Materialien geschaffene Bildobjekt ist seit vielen Jahren als das genuine künstlerische Ausdrucksmedium von Helga Schager anzusehen – allerdings mit der frappanten Besonderheit, dass die Entwürfe für ihre – im erweiterten Sinne – “Bildteppiche” am Computer gezeichnet werden und dadurch die spezielle Gestaltungsunterschrift dieses Mediums in sich tragen.
In ihren jüngsten, speziell für diese Ausstellung geschaffenen Werkstücken gestaltet Helga Schager eine Bilderreihe mit dem Titel: “Beziehungsschnappschüsse”, die sie als gewebte Cartoons bezeichnet.
Die inhaltliche Komposition dieser Werkstücke stellt “wörtlich genommene” menschliche Beziehungssituationen vor, durchwegs zwischen Mann und Frau, die – gleichsam mit einem ironischen Zwinkern – einen direkten Übersetzungsversuch von wörtlicher Bezeichnung zu bildhafter Darstellung präsentieren. Bewusst wird hier direkt in das Alltagsleben hineingegriffen, werden Klischees angesprochen und scheinbar Offensichtliches formuliert. Die comicartige Darstellungsweise unterstreicht zunächst diesen Eindruck der quasi Selbstverständlichkeit – der sich allerdings bei genauer Betrachtung sofort auflöst zu einem ironischen Wechselspiel von vielfältigen Infragestellungen.
Gerade durch den scheinbar unvermittelt direkten Übersetzungsversuch einer literarischen Bezeichnung für eine Beziehungssituation in eine Bilddarstellung wird der Betrachter auf die ganz konkrete Erfahrung dieser Beziehungssituation hingeführt, auf seine konkrete Erfahrung, seine eigene bildhafte Erinnerung solcher Beziehungssituationen.
Der comicartige Gestaltungsstil von Helga Schagers Bildteppichen scheint in lapidarer, typologisierter Form von solchen alltäglichen Beziehungssituationen zu erzählen und wirkt doch in erster Linie wie ein persönlicher Spiegel des Betrachters.
Ähnliches gilt für die fast ornamental anmutende Ausformung der bewusst sehr klein gehaltenen Werkstücke: eine inhaltliche wie gestalterische “Behübschungsfunktion”, wie sie (leider) vielfach mit dem Objekt Bildteppich gemeinhin konnotiert wird, wird hier zitiert, letztlich erweisen sich diese Werkstücke aber in beiderlei Hinsicht als “Betrachtungswiderhaken”, die behutsam und unaufdringlich, aber mit beständiger Kraft, zur persönlichen Stellungnahme des Betrachters drängen und hierin durchaus therapeutische Funktionen mit einem weit gespannten Reflexionsbild in sich tragen.
Die beiläufig anmutende bildhafte Festschreibung wird so zu einem bildhaften Beziehungsfragezeichen – ein sehr erzählerisches Fragezeichen, das nicht nur selbst berichtet, sondern vor allem weitere Erzählungen hervorholt: als anregendes Bildzeichen und vielfältig an- und aufgreifbares Objekt zugleich.
Fotos: Schmidinger, Nöbauer, Schager